Neue Klage in Schweden gegen hochrangige Assad-Beamte wegen Einsatz chemischer Waffen in Syrien eingereicht
LONDON. Bei der Sonderabteilung Kriegsverbrechen der schwedischen Polizei wurden diese Woche Strafanzeigen gegen die syrische Regierung wegen Chemiewaffenangriffen auf Khan Shaykhun und Ghuta in den Jahren 2017 und 2013 gestellt. Die Anzeige wurde von syrischen Opfern und zivilgesellschaftlichen Organisationen eingereicht, darunter Civil Rights Defenders, das syrische Zentrum für Medien und freie Meinungsäußerung (SCM), das Syrien-Archiv und die Open Society Justice Initiative. Die Gruppen fordern die schwedische Justizbehörde zur Untersuchung der Angriffe auf, damit die für die Kriegsverbrechen verantwortlichen syrischen Beamten nach dem Weltrechtsprinzip vor Gericht gestellt werden können. Bei den Angriffen wurden hunderte Zivilisten getötet, darunter auch Kinder, viele weitere erlitten schwere und dauerhafte Verletzungen.
„Mit der Erhebung dieser Klagen wollen wir den Kampf der Opfer für Wahrheit und Gerechtigkeit unterstützen“, sagte Hadi al Khatib, Gründer und Leiter des Syrien-Archivs. „Wir hoffen, dass eine schwedische Untersuchung der Verbrechen zu Gerichtsverfahren und zu Verurteilungen derjenigen führt, welche die Angriffe angeordnet und durchgeführt haben. Schweden kann und sollte dazu beitragen, den derzeitigen Zustand staatlicher Willkür in Syrien zu beenden.“ Aida Samani, Rechtsberaterin von „Civil Rights Defenders”, fügte hinzu: „In den zehn Jahren, seit pro-demokratische Demonstranten in Syrien erstmals angegriffen wurden, hat die Regierung chemische Waffen strategisch in oppositionell kontrollierten Gebieten eingesetzt, um die Zivilbevölkerung zu zermürben und jeglichen Widerstand gegen das Regime zu unterdrücken. Es ist nicht hinnehmbar, dass die für diese abscheulichen Angriffe Verantwortlichen weiterhin Straffreiheit genießen.“
Dies ist bereits die dritte in einer Serie von Klagen, die vom Syrien-Archiv, dem SCM und der Justice-Initiative eingereicht wurden; die erste erfolgte im Oktober 2020 in Deutschland, eine zweite im März 2021 in Frankreich. Auf Grundlage dieser Klagen können nun Ermittlungen in mehreren Justizbehörden wegen Chemiewaffenangriffen beginnen, in deren Folge Haftbefehle gegen die verantwortlichen syrischen Beamten ausgestellt werden können. Wie schon die vorherigen Klagen, enthält auch diese Zeugenaussagen aus erster Hand sowie hunderte Beweisdokumente, darunter Fotos und Videos von den Opfern der Angriffe. Die Beweise deuten auf den Einsatz des Giftgases Sarin hin und enthalten Details zu syrischen Beamten und Befehlsketten, welche die Angriffe verantwortet haben.
„Wir fordern die schwedische Polizei und Staatsanwaltschaft dazu auf, die Angriffe gemeinsam mit deutschen und französischen Behörden zu untersuchen. Ihre Zusammenarbeit erhöht die Chancen auf europäische Haftbefehle und wirksame Rechtsprechung für die Opfer“, sagte Mazen Darwish, Generaldirektor des SCM. Steve Kostas, ein Anwalt der Justice Initiative, fügte hinzu: „Wenn schwedische, französische und deutsche Behörden gemeinsam gegen den Einsatz chemischer Waffen in Syrien ermitteln, können sie unterstreichen, dass es für die Täter solcher Verbrechen keine Straffreiheit gibt.“
Die Einreichung der Klage erfolgt einen Tag bevor sich die 193 Mitgliedstaaten der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) treffen, um einen von 46 Staaten getragenen Vorschlag zu diskutieren, der Syriens Stimmrecht in der Organisation aussetzen soll, nachdem Syrien die Anträge auf Offenlegung seiner in Latamneh eingesetzten Waffen sowie seiner Bestände an chemischen Waffen ignoriert hatte. Laut Eric Witte, dem leitenden Referenten der Justice Initiative, würde die Verabschiedung dieser Maßnahme zeigen, „dass der Einsatz chemischer Waffen durch das syrische Regime diplomatische Konsequenzen hat“. Er betonte, dass „die Staaten darüber hinaus sicherstellen sollten, dass die Verantwortlichen der Angriffe zur Rechenschaft gezogen werden und eine Sonderdebatte in der UN-Vollversammlung einberufen werden sollte, in der sich weitere Staaten verbindlich für juristische Maßnahmen gegen die Kriegsverbrechen in Syrien einsetzen können."
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